Ich habe eine klare Vision vor Augen

Ich habe eine klare Vision vor Augen

Die Erste 25.08.2022

Corboz im Interview

Nachhaltigkeit im Fußball: Sportclub-Kapitän Maël Corboz unterstützt Sportvereine mit seinem Startup „ElevenGreen“

Das Thema Nachhaltigkeit ist seit einiger Zeit auch im Profi-Fußball angekommen. So findet das Heimspiel des Sportclubs gegen den FSV Zwickau am offiziellen „Aktionsspieltag Klimaschutz“ statt. Einer, der die Wichtigkeit längst erkannt hat, ist Sportclub-Kapitän Maël Corboz. Im März hat der 27-Jährige das Startup "ElevenGreen" gegründet, mit dem er Sportvereine auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit unterstützen möchte. Was genau dahinter steckt, welche Erfahrungen er bislang gemacht hat und wie er versucht in seinem Alltag mehr Aufmerksamkeit für das Thema Nachhaltigkeit zu schaffen, hat er uns im 1924-Interview verraten.

Maël, bevor wir ins Detail gehen: Was bedeutet für dich Nachhaltigkeit?

Maël Corboz: „Nachhaltigkeit oder nachhaltig zu sein bedeutet in der Theorie, dass etwas unendlich weitergehen oder -leben kann. Nachhaltigkeit ist ein Kreislauf, der sich selber regeneriert und weiter funktionieren kann. Nachhaltigkeit in unserer Gesellschaft hat drei Säulen: wirtschaftlich, sozial und ökologisch. Ich fokussiere mich mit „ElevenGreen“ auf das Ökologische. Wie können wir leben und unseren Planeten in einem Zustand verlassen, sodass die Lebensqualität der zukünftigen Generationen mindestens so gut ist, wie unsere.“ 

Du hast kürzlich das Start-Up „ElevenGreen“ gegründet. Was steckt dahinter und welche Erfahrungen hast du bislang gemacht?

Maël Corboz: „Dahinter steckt eine Liebe für die Natur, die ganz früh in meinem Leben entstanden ist und sich später zu einem Interesse an erneuerbaren Energien und Nachhaltigkeit entwickelt hat. Irgendwo ist es ein egoistischer Wunsch, dass ich – bis ich alt bin – die Zeit in der Natur, beim Skifahren oder Wandern in den Bergen genießen kann. Erst später habe ich gemerkt, dass es auch ein Kampf um viele Leben und Lebensräume ist. In den vergangenen sechs Monaten habe ich viele Leute in dem Bereich kennengelernt, viele interessante Gespräche geführt und ein Netzwerk aufgebaut, was jetzt die ersten Projekte ermöglicht. Das Ziel ist es, zu zeigen, dass Nachhaltigkeit ökologisch, aber auch ökonomisch für einen Verein oder eine Organisation Sinn macht. Ich glaube fest daran, habe eine klare Vision vor Augen und möchte die Fußballwelt damit überzeugen.

Wie versuchst du persönlich im Alltag Aufmerksamkeit für das Thema Nachhaltigkeit zu schaffen?

Maël Corboz: „Erstmal muss ich mich selber immer wieder daran erinnern. Eigentlich hat jede Entscheidung in unserem Alltag etwas mit Nachhaltigkeit zu tun. Ich muss bei mir anfangen. Wir sind in unserer Gesellschaft daran gewöhnt, dass viele Dinge “normal” sind, die es eigentlich nicht sein sollen. Wir leben in einer Überflussgesellschaft und halten die Unerschöpflichkeit von Ressourcen für den Standard. In meiner Umgebung, in der Mannschaft, in meinem Freundeskreis versuche ich erst einmal selber so viel es geht richtig zu machen. Ich glaube nicht an Veränderungen, die erzwungen wurden, da ich grundsätzlich nicht daran glaube, dass langfristige Änderungen erzwungen werden können. Die Leute müssen das selber wollen. Mit „ElevenGreen“ versuche ich auch eher zu zeigen, was es beim Thema Nachhaltigkeit für Möglichkeiten oder Chancen gibt, anstatt zu sagen, dass sonst die Welt untergeht…“

Das kommende Heimspiel gegen Zwickau findet am offiziellen „Aktionsspieltag Klimaschutz“ statt. Bekommt das Thema dadurch endlich die Aufmerksamkeit, die es verdient?

Maël Corboz: „Die Aufmerksamkeit, die es verdient, noch nicht. Aber es ist auf jeden Fall ein erster Schritt und genau so müssen wir anfangen. Ich habe noch vieles vor und ich möchte auch zeitnah mit den DFB in Kontakt kommen, um zu besprechen, was wir machen können und wie wir wirklich einen positiven Impact erzielen können. Derzeit wird viel über Nachhaltigkeit geredet, ich habe bisher aber nur wenige echte Aktionen gesehen.

Es gibt für die 3. Liga mittlerweile einen „Klima-Fanguide“, der die Entfernungen zwischen den Spielorten und den entsprechenden CO2-Ausstoß aufzeigt. Welche Bereiche können im Fußball in puncto Nachhaltigkeit noch verbessert werden?

Maël Corboz: „Es gibt viele Bereiche. Ein Fußballverein ist ein bisschen anders strukturiert, als andere Unternehmen. Ein Verein ist zwar ein Unternehmen, aber auch ein Veranstaltungsort. Deswegen muss ein Verein in jedem Bereich ein bisschen in die Tiefe gehen. Bei „ElevenGreen“ haben wir fünf Bereiche im Blick: Abfallmanagement, Mobilität, Energieverbrauch/-gewinnung, Ressourcen und Konsumentenwahl/-angebot. Alle Bereiche sind, wie gesagt, für einen Verein komplizierter als bei einem normalen Unternehmen. Als Beispiel: eine Mobilitätstrategie muss man als Verein für den Alltag der Mitarbeiter*innen/Spieler*innen entwickeln, aber auch so, dass die Zuschauer*innen oder Fans nachhaltig zum Spiel reisen. Es gibt also die Sphäre des täglichen Verhaltens der Mitarbeiter*innen und die Organisation der Veranstaltungen (oft einmal alle zwei Wochen).

Die DFL hat den Faktor Nachhaltigkeit in der 1. und 2. Bundesliga zum Lizenzierungskriterium gemacht - ein wichtiges Signal?

Maël Corboz: „Das ist ein sehr wichtiges Signal. Es gibt momentan keine andere Liga in Europa oder in der Welt, die das vorgegeben hat. Deutschland oder die DFL hat da eine Möglichkeit gesehen und wird in den nächsten Jahren als Vorreiter agieren. Das ist nicht immer so einfach, aber das ist eine riesige Chance, etwas zu bewegen und Aufmerksamkeit für das Thema zu gewinnen. Das ist nur ein Anfang und ich bin gespannt, welche nächsten Schritte die DFL gehen wird.

Du hast bei deinem Ex-Club, den Go Ahead Eagles aus den Niederlanden, ein nachhaltiges Bechersystem eingeführt. Gibt es schon ein Feedback des Vereins?

Maël Corboz: „Ja, das System wurde dort vor sechs Monaten umgesetzt und läuft bei jedem Heimspiel. Das hat aufgrund von Covid ein bisschen länger gedauert, da keine, bzw. weniger Zuschauer*innen zum Spiel durften, aber bisher läuft es sehr gut. Das System ist das erste Bechersystem aus 100% recyclebarem Plastik. Das ist in der Theorie ein (fast) perfekter Kreislauf. Die Becher vom Spiel werden gesammelt, um neue Becher daraus zu machen. Am Anfang war es schwierig, die Becher effizient zu sammeln und trotzdem 90% Plastik beim Sammeln zu haben. Mittlerweile klappt das. Die Fans sind damit sehr zufrieden, da sie auch für umweltfreundliches Verhalten (in dem Fall durch die richtige Entsorgung der Bechern) die Chance haben, ein Trikot zu gewinnen.

Gibt es schon konkrete Pläne, die du gerne beim Sportclub umsetzen möchtest?

Maël Corboz: „Wir haben zwei Aktionen für das heutige Spiel gegen Zwickau, wo eine größere Auswahl an veganer und vegetarischer Kost angeboten wird. Außerdem haben die Zuschauer*innen die Möglichkeit, ihren Stadionbesuch bequem per QR-Code zu kompensieren. Sonstige konkrete, langfristige Pläne gibt es bisher noch nicht. Ich möchte allerdings bald dort ansetzen und schauen, wie eine Zusammenarbeit aussehen könnte und zeigen, wie der Verein davon profitieren könnte. Das ist eine große Chance, Vorreiter der 3. Liga im Thema Nachhaltigkeit zu werden. Wir haben viele Punkte, die relativ simpel umzusetzen sind, aber eine Menge verbessern würden. Auch in meiner Rolle als Spieler kann ich als gutes Beispiel vorangehen und meine Teamkollegen mit ins Boot holen. Wir haben aktuell mehrere Spieler, die sich vegan ernähren oder E-Ladestationen am Stadion nutzen. Da möchte ich anknüpfen und durch Bildung und best practices andere motivieren, mitzumachen. Nachhaltigkeit bedeutet nicht gleich Verzicht – Umwelt- und klimafreundliches Verhalten kann auch Spaß machen.

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