Die Serie ist gerissen: Nach elf Spielen ohne Niederlage in der Regionalliga West kassierte der SC Verl im zwölften ein 0:2 (0:1) bei Alemannia Aachen. Die Gastgeber profitierten dabei allerdings neben dem Rückhalt von 4200 Zuschauern auch von dem nötigen Quäntchen Glück in einer kampfbetonten Partie.
„Es ist nicht so, dass man hier am Tivoli nicht verlieren darf“, meinte SC Verl-Trainer Guerino Capretti anschließend, „aber wir hatten uns eigentlich richtig gut auf den Gegner eingestellt.“ Der zeigte sich nämlich in der Spielanlage sehr ähnlich wie der SC Verl ausgerichtet, attackierte aggressiv und früh. Daher rückte bei Aachener Ballbesitz der auf der Sechs neben Basti Müller aufgebotene Daniel Mikic auch zwischen die Innenverteidiger zurück. So stand den Alemannen ein Abwehrbollwerk aus einer Fünfer- mit vorgelagerter Viererkette gegenüber.
Da aber auch die Aachener von den Offensivqualitäten des SPORTCLUB gehört hatten, betrieben diese bei Verler Ballbesitz ein recht ähnliches Spielchen. Das Ergebnis: Viel hin und her im Mittelfeld, viel Kampf, Gegrätsche und Nickeligkeiten, aber Torraumszenen gab es im Prinzip nicht.
Was Aachen jedoch hatte und der SC Verl nur auf dem Wunschzettel, ist ein „Wandstürmer“. Babalunde Junior Torunarigha ist ein baumlanger kräftiger Stürmer, der Bälle in jeder Etage annehmen kann und diese auch behauptet. Er zeigte sich enorm stark beim Kopfball, war am Boden ebenso schwer vom Ball zu trennen. Und diesen Torunarigha suchten die Alemannen immer wieder auch mit langen Bällen, allerdings konnte meist die aufmerksame Verler Abwehr klären.
So fiel die Aachener Führung aus dem Nichts: Es war eher ein langer Befreiungsschlag, den der durchgestartete Ilias Azaouaghi nicht erreichte, doch die Kopfball-Abwehr landete genau auf dem Fuß des mitgeeilten Torunarigha, der trocken und für den bis dato nicht geprüften Robin Brüseke unhaltbar flach ins kurze Eck schoss (17.). „Da haben wir einmal nicht richtig aufgepasst und schon fiel das 1:0“, so Capretti.
Pech hatte der SPORTCLUB auch, als Cihan Özkara fünf Minuten nach der Aachener Führung nach Eindringen in den gegnerischen Strafraum zu Fall gebracht wurde, was der Schiedsrichter Selim Erk allerdings nicht so sah. Und Aachens Keeper Patrick Nettekoven kassierte später zurecht das Lob von Simon Pesch, der den gesperrten Aachener Coach Fuat Kilic auf der Bank vertrat, denn mehrfach verhinderte er den Verler Ausgleich, am spektakulärsten wohl gegen den Kopfball von Julian Stöckner, den er aus dem flachen Eck fischte. Pesch hatte auch mächtig Glück, dass Schiri Erk seine Aktion kurz vor der Pause gegen Julian Schmidt, als er dem einwurfbereiten Verler Kapitän wohl den Ball aus der Hand schlug, nicht sah, denn sonst hätte er sicher Trainer Kilic auf der Tribüne Gesellschaft leisten können. So gab es nur eine Rudelbildung und hüben wie drüben je eine Gelbe Karte.
Capretti war mit seiner Mannschaft in der 1. Hälfte nicht zufrieden. „Mich hat geärgert, dass wir nicht so mutig waren wie sonst, zu wenig Gefahr ausgestrahlt haben, zu wenig Zug zum Tor zeigten“, monierte er. „Wir haben lieber hinten herumgespielt als den Abschluss zu suchen.“ Das wurde nach der Pause deutlich besser. Nun begann auch die gute Zeit von Nettekoven, der gegen Cihan Sansar (51.), Patrick Choroba (56.) und Jan Lukas Liehr (59.) glänzend parierte.
Der Gastgeber blieb durch Konter gefährlich. Torunarigha und der technisch starke und schnelle Mergim Fejzullahu sorgten dafür, dass die Verler Defensive stets hellwach sein musste. Allerdings war Fejzullahu wohl etwas übermütig, als er nach einem tollen Dribbling auch noch Brüseke aus spitzem Winkel mit einem wuchtigen Schuss aufs kurze Eck düpieren wollte, doch der Ball ging ans Außennetz (66.).
Für Druck und spielerische Dominanz sorgte weiter der SPORTCLUB. Der eingewechselte Viktor Maier (71.) und Liehr (72.) prüften den fehlerlosen Nettekoven, auf der Gegenseite konnte auch Brüseke sein Können nach einem Konter zeigen: Gegen den völlig unbedrängt auf ihn zulaufenden Azaouaghi parierte er glänzend.
Schließlich setzte Capretti alles auf die Karte Offensive, nahm Sechser Mikic vom Platz und brachte mit Gianluca Marzullo einen weiteren Stürmer. Doch diesmal nahm das Aufbäumen kein gutes Ende: Statt des Ausgleichs gelang Aachen ein Konter mit Überzahl und Kai Bösing machte völlig unbedrängt den Deckel drauf (87.).
„Mit der 2. Hälfte war ich einverstanden“, so Capretti, „aber man muss das Tor dann auch mal machen. Wenn du kein Tor schießt, kommst du für Punkte nicht in Frage. Ich denke, ein Punkt wäre verdient gewesen.“ „Das Spiel hätte in beide Richtungen kippen können“, meinte auch Pesch, „aber wir hatten einen starken Nettekoven und das Spielglück auf unserer Seite.“
Aachen: Nettekoven – Heinze, Pluntke, Fiedler – Winter, Pütz (72. Lippold), Kühnel (61. Bösing), Mohr – Fejzullahu (85. Mickels), Torunarigha, Azaouaghi. Trainer: Pesch
Verl: Brüseke – Choroba, J. Schmidt, Stöckner, Sansar – B. Müller, Mikic (80. Marzullo) – Kurzen, Liehr, Muhovic (63. Maier) – Özkara.
Tore: 1:0 Torunarigha (17.), 2:0 Bösing (87.)
Gelbe Karten: Torunarigha, Kühnel, Mohr, Fiedler, Lippold – B. Müller, J. Schmidt, Mikic, Özkara, Brüseke
Beste Spieler: Torunarigha, Nettekoven – B. Müller, Sansar
TSV Alemannia Aachen
Sportclub Verl
Regionalliga West · 19. Spieltag