„Ich habe selten so eine Anspannung erlebt“

Sportclub-Präsident Raimund Bertels im Interview

Die zweite Drittligasaison in der Geschichte des Sportclubs wird Raimund Bertels wohl so schnell nicht vergessen. Dem guten Start folgte ein ständiges Auf und Ab, an dessen Ende wohl nicht wenige den Sportclub schon abgeschrieben hatten. Wir haben mit unserem Präsidenten über den Saisonverlauf, die Gründe für den entscheidenden Umschwung im Endspurt der Saison und die letzten Minuten beim jüngsten Auswärtssieg im Dortmunder Signal Iduna-Park gesprochen…

Raimund, mit dem Auswärtssieg beim BVB hat der Sportclub am Freitagabend drei enorm wichtige Punkte im Kampf um den Klassenerhalt gesammelt und die Abstiegsplätze verlassen. Nimm uns doch mal mit in die Minuten kurz nach dem Schlusspfiff..

Raimund Bertels: „Ich habe in meinem Leben selten so eine Anspannung erlebt, wie beim Spiel am Freitagabend. Im Prinzip war es ein Spiegelbild der gesamten Saison – wir liegen durch eine Unachtsamkeit zurück, drehen das Spiel, sind auch noch ein Mann mehr und kriegen trotzdem mit der allerletzten Aktion einen unglücklichen Elfmeter gegen uns, den Niklas Thiede dann auch noch hält. Mehr auf und ab ging wirklich nicht mehr. Nach dem Schlusspfiff sind dann alle Dämme gebrochen und wir lagen uns vor Freunde in den Armen.“

Am Samstag kann die Mannschaft dann gegen den MSV Duisburg den letzten Schritt machen. Was stimmt dich zuversichtlich, dass der Sportclub am Wochenende den Klassenerhalt feiern darf?

Raimund Bertels: „Vor allem stimmen mich die Leistungen der vergangenen Wochen zuversichtlich, wie sich die Mannschaft da präsentiert hat und welche Mentalität sie gezeigt hat. Man hat den unbedingten Siegeswillen in jedem Moment gespürt, und auch, dass das Selbstvertrauen jedes einzelnen durch die jüngsten Erfolge wieder ein Stück größer geworden ist. Wenn wir all das auch am Samstag auf den Platz bringen, machen wir auch den letzten Schritt in Richtung Klassenerhalt.“

Das Team hat in den jüngsten Spielen einen echten Schlussspurt hingelegt. Hättest du vor vier Wochen mit so einer Serie gerechnet?

Raimund Bertels: „Ich habe zumindest darauf gehofft. Wir wollten mit dem Trainerwechsel zu Mitch ja schließlich ganz bewusst ein Zeichen setzen, der Mannschaft den benötigten Impuls von außen geben. Aber ich bin ehrlich – als Viktoria Berlin vor ein paar Wochen in der allerletzten Sekunde gegen Saarbrücken gewonnen hat, wusste ich, dass es richtig eng wird und wir aus den letzten drei Spielen mindestens sieben Punkte brauchen. Dass wir dies jetzt erreichen können, haben sich alle hart erarbeitet.“

Ihr habt euch dazu entschieden, die letzte Spiele in der Paderborner Benteler-Arena auszutragen. Welche Rolle hat dieser Schritt bei den jüngsten Erfolgen gespielt?

Raimund Bertels: „Wenn wir den Klassenerhalt schaffen, wird es am Ende einige Faktoren geben, die dazu beigetragen haben. Das ist der bereits erwähnte Trainerwechsel, mit Sicherheit aber auch die Entscheidung, die letzten Spiele wieder in Paderborn auszutragen. Wir wollten der Mannschaft damit zeigen, dass wir alles versuchen, um sie auf dem Weg zum Klassenerhalt zu unterstützen, auch wenn es den Verein viel Geld kostet. Stand jetzt ist dieser Plan aufgegangen.“

Wie sehr hat der ungewisse Saisonausgang bisher die Planungen für die kommende Spielzeit erschwert?

Raimund Bertels: „Die Ligazugehörigkeit spielt für viele Spieler und deren Berater eine wichtige Rolle, da brauchen wir uns nichts vormachen. Wir sind aktuell mit einigen Spielern in Kontakt, können aber den letzten Schritt zum Vollzug noch nicht gehen. Eines ist aber klar: bei einem Abstieg würde die Mannschaft in der kommenden Saison ein ganz anderes Gesicht haben.“

Wenn am Wochenende zum zweiten Mal in Folge der Klassenerhalt gelingt, ist diese Leistung dann noch höher zu bewerten als in der vergangenen Saison?

Raimund Bertels: „Ja, definitiv! Letztes Jahr war die Euphorie nach dem Aufstieg riesig, wir hatten ein eingespieltes Team mit einigen Ausnahmespielern und uns hatte als kleiner Dorfklub niemand so wirklich auf dem Schirm. Deshalb war mir von Anfang an bewusst, dass wir nach dem souveränen Klassenerhalt und dem großen Umbruch im Sommer, wo uns viele Leistungsträger verlassen haben, eine schwierige Saison haben werden. Der gute Start hat darüber zunächst noch ein wenig hinweg getäuscht. Dass wir jetzt trotz allem noch die Kurve gekriegt haben, ist allen Beteiligten hoch anzurechnen.“

Was nimmst du aus dieser sportlich schwierigen Saison mit?

Raimund Bertels: „Letzten Endes kann man fast jeder Situation etwas Positives abgewinnen, deshalb werden wir auch aus dieser für uns schwierigen Spielzeit unsere Schlüsse ziehen. Wir wollen wieder zurück zu den Tugenden, die uns ausgemacht haben, wissen aber auch, dass dies kein Selbstläufer wird. Ich persönlich habe lernen müssen, dass man in Situationen, in denen etwas in die falsche Richtung läuft, vielleicht schneller reagieren muss. Auch solche Erfahrungen sind ein wichtiger Prozess.“

Zum Abschluss: Der Klassenerhalt konnte aufgrund von Corona im vergangenen Jahr nicht groß gefeiert werden. Ist diesmal etwas geplant?

Raimund Bertels: „Das wird eine relativ spontane Sache, für alles andere bin ich auch zu abergläubisch. Ich denke aber, dass sich ziemlich schnell etwas ergeben wird, sobald die Anspannung der vergangenen Wochen bei allen Beteiligten abfällt. Da mache ich mir keine Sorgen.“