Trainer Guerino Capretti bewahrte öffentlich die Haltung. Doch im kleinen Kreis war ihm deutlich anzumerken, dass er nach dem 1:1 (1:0) zwischen dem Bonner SC und seinem SC Verl in der Regionalliga West ziemlich angefressen war.
Dabei deutet zunächst alles auf einen guten Nachmittag für den SPORTCLUB. Bei frühlingshaften Temperaturen starteten die Westfalen auf dem allerdings noch etwas tiefen Rasen sehr ordentlich im Sportpark Nord in Bonn. Der Gastgeber hingegen zeigte eine Leistung, die auch in der Oberliga wohl nicht zum Klassenverbleib langen würde. Vorrangig über die rechte Flanke mit Cinar Sansar und Nico Hecker rollten die Angriffswellen Richtung Bonner Kasten. Doch kamen die Flanken entweder nicht an, oder aber der Adressat brachte den Ball nicht ordentlich aufs Tor. „Da fehlte mir etwas mehr Zielstrebigkeit, auch mal mehr direkter Zug zum Tor“, bemängelte Capretti.
Regelrecht verwaist war zeitweise die Position vorne links. Zlatko Muhovic ließ sich zu häufig von dort weg ins Zentrum locken, und Daniel Schaal hatte abzusichern, um gegnerische Konter zu unterbinden. So landete manche Flanke dort im „freien Raum“.
Nicht zu verschweigen ist, dass auch Bonn in der ersten halben Stunde zu einer Chance kam. Nach einem Konter konnte Marcel Kaiser aber eine Flanke aufs Fünfmetereck völlig freistehend nicht verwerten. Ansonsten zeigte der Gastgeber nichts. Bis dann Routinier Julian Stöckner zentral an der eigenen Strafraumgrenze ein ungeschicktes Foul unterlief, das zum Freistoß führte, der das Spiel auf den Kopf stellte. Dario Schumacher verwandelte direkt über die Mauer hinweg in den Winkel zum 1:0 (30.).
Nur eine Minute später jagte Basti Müller einen Freistoß mit Brachialgewalt aus 30 Metern auf das Bonner Gehäuse. Etwas zu zentral, denn so bekam BSC-Torwart Alexander Monath gerade noch die Fäuste hoch und klärte zur Ecke. Etwas weniger zentral, und der Schuss hätte gesessen. Doch war dies zunächst das einzige deutliche Zeichen, die Partie drehen zu wollen.
Stattdessen gab es jetzt gegen aufgewachte Bonner viele Ballverluste, das Umschalten nach hinten wurde vernachlässigt, und Robin Brüseke musste zwischenzeitlich Kopf und Kragen riskieren, um mit viel Können und etwas Glück den Rückstand nicht anwachsen zu lassen. Und als einmal auch das nicht mehr reichte, drosch ein Verler Verteidiger, es war wohl Kapitän Julian Schmidt, den Ball für seinen geschlagenen Keeper von der Linie.
Wer nun dachte, nach einer sicher intensiven Pausenansprache vom Trainer, der SPORTCLUB würde das Spiel nun locker drehen, sah sich getäuscht. Die großen Chancen hatten weiter die Bonner. So stand weiterhin Brüseke mehr im Brennpunkt als sein Gegenüber Monath. Glück hatte der SPORTCLUB, als Bonns Jannik Stoffels nach Zweikampf mit Schmidt im Strafraum zu Fall kam. „Das war ein klarer Elfer“, war BSC-Trainer Daniel Zillken überzeugt, doch der Schiedsrichter pfiff nicht.
Dafür aber zehn Minuten später auf der anderen Seite. „Das war ein Elfer, der Gegner hat mich erwischt“, erklärte der gefoulte Sansar, zwei Minuten zuvor vom rechten Außenverteidiger auf die Mittelstürmerposition beordert. Der eingewechselte Viktor Maier scheiterte jedoch mit der Ausführung, seinen halbhoch rechts angesetzten Schuss lenkte Monath zur Ecke.
Doch war der vergebene Elfer so etwas wie der Startschuss zu einer Verler Schlussoffensive. Der Ball wollte aber einfach nicht gefährlich auf das Bonner Tor kommen, geschweige denn gar hinein. So war es ein langer Ball von Müller, der plötzlich und unverhofft Sansar in Szene setzte. Der zeigte sich einen Tick schneller und energischer als sein Gegenspieler und schob den Ball aus relativ spitzem Winkel irgendwie am herauseilenden Keeper Monath vorbei zum 1:1 (84.). „In der A-Jugend habe ich schon Stürmer gespielt“, erklärte „Allzweckwaffe“ Sansar später, betonte aber auch: „Als Verteidiger fühle ich mich wohler.“
Im Anschluss wogte das Spiel noch ein wenig hin und her, beide wollten den Sieg. Die klareren Chancen hatte nach Kontern Bonn, doch wurden die vergeben oder aber Brüseke konnte parieren. „Nach dem 1:1 habe ich gedacht, wir können das Ding drehen“, sagte Capretti, „aber die Jungs waren wohl zum Teil mit dem Punkt zufrieden. Da fehlte der letzte Wille, die letzte Entschlossenheit.“
Und schließlich kündigte er in kleiner Runde an, etwas ändern zu wollen. „Wir haben vorne nun alles probiert, jeder durfte mal. Das hat nicht gepasst. Ab jetzt geht es nur noch nach Leistung. Wir wollen das Maximale erzielen und das bedeutet, dass du mit so vielen Chancen auch mal treffen musst.“
Es wäre gut, wenn bereits Gründonnerstag um 19 Uhr im Heimspiel gegen den punktgleichen Tabellennachbarn RW Essen davon etwas zu merken ist.
Bonner SC – SC Verl 1:1 (1:0)
Bonner SC: Monath – Engelmann, Weber, Perrey, Spinrath – Omerbasic (46. Stoffels), Filinger, Schumacer, Somuah – Kaiser (89. Bors), Lokotsch (77. Sobiech).
SC Verl: Brüseke – Sansar, J. Schmidt, Stöckner, Schaal – B. Müller, Mikic – Hecker (58. Kurzen), Liehr, Muhovic (68. Choroba) – Marzullo (58. Maier).
Tore: 1:0 Schumacher (30.), 1:1 Sansar (84.)
Zuschauer: 444
Schiedsrichter: Cem Sayilgan
Gelbe Karten: Schumacher, Stoffels, Kaiser – Mikic
Beste Spieler: Monath, Schumacher – Brüseke, Sansar
Bonner SC
Sportclub Verl
Regionalliga West · 27. Spieltag